Exkursion nach Maastricht und Lüttich

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Maastricht
Am 3. Oktober 2013 konnten 22 Mitglieder des Architekten- und Ingenieurvereins und einige Ihrer Damen an der mit Spannung erwarteten Exkursion noch Maastricht und Lüttich teilnehmen.

Diese außerordentliche gelungene Exkursion knüpfte an die aus der Vergangenheit bekannten und bewährten Fachexkursionen des AIV an. Die Gruppe war schon sieben Minuten vor der Abfahrtszeit startbereit, sodass der Bus pünktlich um 10.00 Uhr in Maastricht eintraf.

Die Academy of Art und Architecture des Architekten Wiel Arets von 1994 war das erste Ziel nach einem kurzen Spaziergang durch die Altstadt von Maastricht. Der sehr nüchtern gestaltete Gebäudekomplex konnte vom Innenhof her betrachtet werden. Die Glasbausteinwände und der naturfarbene Beton wirkten ernüchternd. Alex Kunnen der Leiter des Architektenbüros Wiel-Arets dämpfte die Erwartung in dem er von einem „Bau ohne Budget“ sprach. Mit minimalen Mitteln haben die Architekten optimale Effekte erzielt. Die Ateliers hatten alle Glasbausteinaußenwände mit einer schmalen Fensteröffnung. Auf die Ernüchterung des Anblicks von außen, folgte ein Aufatmen bei der Besichtigung des Gebäude-inneren. In den Ateliers wurde man durch das gleichmäßig verbreitete diffuse Licht angenehm überrascht. In dem Gebäude an dem der Beton natur belassen war, wurde die Nüchternheit der Architektur durch keinen Farbtupfer beeinträchtigt. Schließlich war die Philosophie des Architekten, dass die Kunststudenten durch keine optischen Reize in Ihrer Arbeit gestört werden.

Nach den leicht gedämpften Erwartungen des ersten Besichtigungsobjektes, ergab sich völlig überraschend die Gelegenheit, das gegenüberliegende Gebäude des ehemaligen Kreuzherrenklosters zu betrachten. Das aus dem 15. Jahrhundert stammende Ensemble mit seiner monumentalen gotischen Kirche ist in ein exklusiven Designerhotel umgewandelt worden. Der Kirchenraum dient als Eingangshalle, beherrscht von einem großen gläsernen Aufzug. Die Antiquitäten und Teile der alten Kircheneinrichtung die mit der modernen Architektur verwoben sind vermitteln eine besondere Atmosphäre. Der architektonische Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart war in diesem Gebäude sehr deutlich.

Es folgte ein Spaziergang durch die Stadt zum Vrejthof Markt. Der eine wunderschöne Atmosphäre ausstrahlende, von Platanen eingefasste Platz, ist von vielen Terrassenkaffees umsäumt, am Kopfende liegt die Basilika die leider geschlossen war. Dafür bot sich in der Sonne eine wunderbare Gelegenheit, in der Brasserie aufzutanken und für die weiteren Besichtigungen Kräfte zu sammeln. Der Fußweg durch die Altstadt vermittelte einen wunderbaren Eindruck der unterschiedlich gestalteten typisch niederländischen Fassaden, unterbrochen durch die Dominikanerkirche von 1294. Auch diese Kirche wird nicht mehr als Sakralraum genutzt. In ihrem inneren befindet sich heute eine große Buchhandlung mit einer hervorragenden Kunst- und Geschichtsabteilung. In das Kirchenschiff ist auf der Südseite eine große Empore als Stahlkonstruktion eingebaut, die direkten Zugang zu den Bücherregalen gewährt. Im Untergeschoss befinden sich die Sanitärräume.

Der Chorraum ist mit einem kreuzförmigen Tisch ausgestattet, der das hier angeordnete Cafe dominiert. Die besonders von den Emporen zu erkennende Form des Kreuzes wirkte auf die Betrachter geschmacklos wie deplatziert, da diese Form in einer Kirche Assoziationen an einen großen Sarkophag weckt. Dieser „Geck“ des Innenraumgestalters, da waren sich etliche Exkursionsteilnehmer einig, wirkte wie eine Blasphemie, dieses ansonsten wunderbar gestalteten ehemaligen Kirchenraums.

Das wunderbare Wetter verlockte zu einem weiteren Spaziergang durch die Altstadt und über die Maas, dann am rechten Ufer entlang zum Bonnefantenmuseum von Aldo Rossi. Die die Uferkontur prägende, zur Maas gekehrte Fassade mit einen runden Baukörper, flankiert von langestreckten Museumstrakten, passt sich gut in die Stadtlandschaft ein. Das Gebäude wird im Inneren von die großen Freitreppe, die die beiden Museumstrakte teilt, dominiert. Der lange Spaziergang an diesen wunderschönen Herbstmittag und der Blick auf die Stadt hat zu der Entscheidung geführt das Museum im Inneren nicht zu besichtigen. Man wollte pünktlich in Lüttich einzutreffen, wo der Höhepunkt der Exkursion erwartet wurde.

In Lüttich im Ortsteil Herstal erwartete die Gruppe in einem typischen Straßencafe den Stadtführer Hendrik de Schutter. Der sehr energisch in einem wundervollen flämischen Tonfall redende Guide schlug vor, zuerst die Zitadelle zu besichtigen, da man von dort aus einen wunderbaren Blick auf die Stadt Lüttich hatte. Der Busfahrer gab sich mit Erfolg alle Mühe, die engen Serpentinen zur Zitadelle hochzufahren. Das Festungswerk, in dem heute ein großes Krankenhaus untergebracht ist, ist in eine Grünanlage eingebettet. Mit Ihren Bastionen weist die Anlage auf die Entstehungszeit im 18. Jahrhundert. Die teilweise stark beschädigten Ziegelmauern sind sehr restaurierungsbedürftig. Sie sind heute eine notwendige Abstützung der terrassenförmig gestalteten Steilhänge.

Von der Plattform mit einem großen in Stahl eingelassenen Stadtplan bot sich bei strahlendem Sonnenschein ein wunderbarer Blick auf Lüttich, eine ehemalige Schwerindustriestadt, die ähnlich wie unsere Ruhrgebietsstädte von Kohlebergbau und Stahlverhüttung geprägt war. Die riesige Glasfläche des Bahnhofes dominiert die Stadtmitte und fängt von der Aussichtsplattform sofort das Auge des Betrachters ein. Mit einer kurzen Erläuterung der Geschichte Lüttichs und einer kleinen Stadtrundfahrt am Rathaus vorbei mit den wunderschönen typischen wallonischen Blausteinfassaden erreichten wir das eigentliche Ziel: Den von dem spanischen Architekten Santiago Calatrava als Wettbewerbsergebnis errichteten Bahnhof Guillemins. Die Gebäude auf dem Vorplatz sind alle niedergelegt, sodass das einzigartige Ingenieurbauwerk des Bahnhofs die ganze Innenstadt dominiert. Das Gebäude ist etwa einen Kilometer lang und von einer riesigen verglasten Kuppel überdeckt. Die filigrane Beton- und Stahlrippenarchitektur setzt sich in ihren geschwungenen Formen in die Überdachungen der Bahnsteige fort.

Die einzelnen Stahlbetonrippen die an den Knotenpunkten im Stahlträger übergeleitet werden, bilden als konstruktives Gerippe eine wunderbare Einheit. Der Guide erläuterte, dass der Architekt sich bei der Formgebung des Bahnhofes von einer liegenden Frau hat inspirieren lassen. Ein Gedanke der anhand des Aktaquarells des Architekten leicht nachvollziehbar war.

Die Architekten und Ingenieure des AIV, von denen einige Assoziationen zu Bahnhöfen in Italien oder in Spanien empfanden, bestaunten das technische Wunderwerk das auch in den Details sehr sorgfältig ausgearbeitet ist. Die vier Knotenpunkte an denen die Haupttragelemente zusammen laufen, waren ein beliebter Blickfang für die Fotografen die immer wieder neue Motive fanden. Die Fachdiskussionen nahmen kein Ende, man Sprach von der Flughafenhalle in Lyon und Bauten in London und entwickelte Ideen für neue Exkursionen mit ähnlichen Highlights.

Die Kosten, die der Führer mit 370 Millionen angeben hat, plus 140 Millionen für die Infrastruktur erscheinen bei dem überwältigenden Ergebnis für die Architektur gerechtfertigt. Man fragte sich allerdings, ob es bei der Größe Lüttichs mit 170 Tausend Einwohnern rechtens war, für die Schnellbahn über Brüssel, nach Paris und London einen derart aufwendigen Bahnhof zu bauen.

Diese Themen und viele Fragen der konstruktiven Details waren beim Abschlussdrink Ansatz für fruchtbringende Gespräche zwischen Architekten und Ingenieuren, die diese hochinteressante Exkursion mitgemacht haben. Dem Vorstand galt besonderer Dank für die geschickte Auswahl der besichtigten Objekte. Von dem nüchternen spartanischen Bau der Akademie of Art und Architecture über die heute vielfach diskutierten Bauten in hochwertiger Denkmalsubstanz und schließlich als Höhepunkt der völlig freigestalteten Ingenieurarchitektur des Bahnhofes. Die Folge von unterschiedlichen Highlights wollte keiner der Exkursionsteilnehmer missen.

Schade, dass sich so viele Mitglieder des AIV diese Höhepunkte haben entgehen lassen. Der Erfolg, diese gelungene Exkursion ist ein Ansporn für den Vorstand, die „schlummernden“ Mitglieder auf den Geschmack zu bringen, weitere Fachexkursionen dieser hohen Qualität zu akzeptieren. Der Zusammenhalt des AIV und das fachliche Gespräch lassen sich in der gelockerten Atmosphäre einer Exkursion am besten entwickeln. Die bunte Mischung von jungen und älteren Teilnehmern zeigte, dass der AIV die Kraft hat, kreativ die Zusammenkunft in einer disziplinierten Gruppe zu gestalten.

Die Gruppe traf pünktlich kurz vor Acht in Düsseldorf ein, sodass noch die Möglichkeit bestand, an der vom Oberbürgermeister Elbers eröffneten großartigen Inszenierung „Natur im Licht“ im Schulgarten am Räuscherweg teilzunehmen.

Eine Exkursion, die in der Geschichte des AIVs einen besonderen Platz einnehmen wird. Die Zusammenkunft an einem wunderschönen Herbsttag bestätigt, dass es dem Vorstand gelungen ist, eine bewährte Tradition des AIV weiterzuführen. Der Schlüssel zu weiteren Erfolg liegt bei der aktiven Teilnahme der Mitglieder.

Dr. E. Spohr (und mit punktuellen Änderungen A. Dahms)

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